
EINES VORWEG...
Seitdem ich in Deutschland wohne, bekomme ich von der Ernte nur noch ein paar Tage im Jahr mit. Auf der einen Seite vermisse ich die vielen, vielen Stunden mit meiner Familie im Olivenhain in Puente Genil. Vor allem war es immer absolut aufregend auch einen Teil zu unserem Öl beitragen zu dürfen. Auf der anderen Seite ist die Ernte aber auch kein Zuckerschlecken, das ist schon ordentlich Arbeit.
Umso schöner ist dann das Gefühl das eigene Olivenöl auf dem Tisch stehen zu haben. Aber nun zu ein paar Fakten rund um die Olivenöl-Produktion...
DER OLIVENBAUM
Um überhaupt erst einmal Olivenöl herstellen zu können, brauchen wir natürlich auch Bäume dazu. Bis solch ein Baum Früchte trägt, vergehen erst mal knapp 3-4 Jahre. Man baut eine ganz besondere Beziehung zu den Bäumen auf, wenn man sie sein ganzes Leben begleitet. Sie gehören einfach zur Familie.
Auch in der Folge müssen die Bäume regelmäßig beschnitten werden, damit sie ihre Kraft nicht verlieren und weniger und qualitativ mindere Oliven hervorbringen. Und klar, damit sie nicht unter der Last der Oliven zusammenbrechen. Das passiert in der Regel einmal im Jahr. Bei uns immer noch mit der Hand.
In der Theorie können die Olivenbäume bis zu 15m hoch werden. Die meisten Sorten sind allerdings kleiner. Ein kleiner Fun Fact am Rande: ca. 10 Liter extra natives Olivenöl kommen aus einem Olivenbaum.


DER OLIVENANBAU
Wir unterscheiden drei große Anbauarten: tradicional - intensivo - superintensivo.
Ihr könnt euch wahrscheinlich schon denken, dass die letzten beiden auf einen möglichst hohen Ertrag auf minimaler Fläche aus sind. Hier stehen die Bäumchen perfekt aneinandergereiht zum Abernten - und auch nichts anderes. Das Problem dieser Anbauart. Es entstehen Mono-Kulturen und die "sterilen" Böden können kein Wasser mehr halten. Somit brauchen diese Anbauarten immens viel Wasser. Die Brunnen müssen immer tiefer gebohrt werden.
Wir bauen nach wie vor traditionell an. Die Bäume stehen in alle Richtungen weit auseinander, meist mehr als 5m, haben genügend Platz sich zu entfalten. In der Regel haben die Bäume mehr als einen Stamm und können daher auch nur von Hand abgeerntet werden. Dazu wird mit einem kleinen vibrierenden Greifarm jeder Ast einzeln abgeschüttelt. Auch das dient dazu, dass die Bäume nicht zu sehr beansprucht werden.
ZWEI OLIVENERNTEN
Pro Jahr gibt es zwei Olivenernten, die so zwischen zwei bis vier Monaten dauern, abhängig von der Größe des Grundstücks. Die erste startet im September, die zweite im Dezember / Januar. Das hängt daran, dass die Früchte immer unterschiedlich reif werden, sogar am selben Baum.
Der Erntezeitpunkt selbst ist wie bei Trauben oder auch anderen Früchten auch bei Oliven vom Wetter abhängig.
Außerdem ist der richtige Moment entscheidend. Wenn wir sehen, dass die ersten Oliven gepflückt werden können, warten wir auf den nächsten Regen und fangen anschließend direkt an. Warum wir auf den Regen warten? Die Oliven werden dadurch einfach noch einmal praller und saftiger – und entfalten so viel besser ihr Aroma, was später sehr wichtig für den Geschmack des Öls ist.


WARUM WIRD ZWEIMAL GEERNTET?
Meine Kunden fragen mich sehr oft, warum es eigentlich grüne und schwarze Oliven gibt. Die naheliegendste Annahme ist sicherlich, dass es unterschiedliche Sorten sein könnten. Das ist es aber nicht. Sowohl im September als auch zum Ende des Jahres ernten wir unsere drei Sorten Arbequina, Hojiblanca und Picual.
Denn, ob grün oder schwarz hängt allein vom Reifegrad der jeweiligen Olive ab. Grün ist die unreifere Frucht, schwarz die reife. Zurecht wirst du dich fragen, wieso man dann die grünen überhaupt pflückt… Hauptsächlicher Grund ist der unterschiedliche Geschmack.
Je früher eine Olive gepflückt wird, desto intensiver und schärfer schmeckt sie. Und auch der Anteil an gesundheitsfördernden Stoffen ist höher als bei einem Olivenöl, das aus schwarzen Oliven gewonnen wird. Ein später im Jahr gewonnenes Olivenöl ist entsprechend auch milder und süßer.
ABSOLUTE SORGFALT BEI 36 GRAD
Nun aber zur Ernte. Die erste trägt den Namen „el verdeo“. Verde ist das spanische Wort für grün. Grüne Oliven = die grüne Ernte. Diese ist auch definitiv die schwerere von beiden. Bei 36 Grad und mehr müssen wir die fest am Baum hängenden Oliven ganz vorsichtig pflücken, damit wir die anderen Oliven, die erst beim zweiten Mal geerntet werden, nicht beschädigen. Deswegen legen wir hier auch besonderen Wert auf unsere Tradition: Die tief hängenden Oliven werden von Hand mit Hilfe von Rechen gepflückt. Für die höher gelegenen haben wir ein Erntehelferlein: eine Teleskopstange, die oben vibrierende Enden hat und behutsam die Ästchen schüttelt.
Unterhalb des Baumes liegt ein großes Netz, auf das alle Oliven herabfallen. Dies können wir anschließend einfach zusammenziehen, die Oliven kommen dann in große Bottiche und ab auf den Hänger in Richtung Ölmühle. Ganze Trecker-Kolonnen mit leckeren Oliven sind dann auf den Straßen unterwegs. Die Oliven dürfen nicht zu lange unterwegs sein, denn sobald die Oliven nicht mehr am Baum hängen, fangen sie an zu verderben. Deswegen ist es auch für ein hochqualitatives Olivenöl entscheidend, dass die Früchte innerhalb weniger Stunden vom Hain in die Ölmühle zur Weiterverarbeitung gebracht werden.


DIE COOPERATIVA
Wir nutzen für die Olivenöl-Herstellung die Olivenölmühle einer Cooperativa, genauer der Cooperativa La Purisima in meinem Heimatort Puente Genil. Aber was ist eine Corporativa überhaupt?
Eine Cooperativa ist praktisch ein Zusammenschluss von mehreren Oliven-Bauern in einem Ort. So wie die Winzergenossenschaft beim Weinanbau. Die einzelnen Olivenbauern bringen praktisch ihre Oliven zur Cooperativa. Die Cooperativa stellt im Gegenzug ausgewählte Fachleute und Anlagen zur Olivenölgewinnung zur Verfügung. Und – GANZ WICHTIG – setzt hohe Qualitätsstandards. Nur, wenn der Olivenbauer diese erfüllt, kann der Olivenbauer Teil der Cooperativa werden.
DIE QUALITÄTSPROBE
Die Qualität der Oliven wird sichergestellt, indem von jeder Lieferung eine Probe genommen wird. Das heißt, bevor die Oliven von unserem Hänger und von den Hängern all der anderen Bauern weiter zur Verarbeitung gehen, wird ein Teil der Oliven aus der Lieferung entnommen und auf Qualität – Zustand der Oliven, Säuregehalt, Anteil der Oliven zum Blattwerk – überprüft.
Das geschieht zum einen durch bloßen Anschauen, zum anderen durch eine chemische Analyse der Oliven. Je höher am Ende die Qualität ist, umso mehr Geld bekommt der Bauer natürlich für seine Ware. Ich brauche nicht groß erklären, dass jeder Bauer natürlich darauf aus ist somit seine Qualität hoch zu halten…


DIE OLIVENÖLMÜHLE
Wurde die Olive nun für gut befunden, durchläuft sie die letzten Schritte zum Olivenöl. Jedes Jahr wieder aufregend nach all der Zeit und Arbeit sein eigenes extra natives Olivenöl in der Hand zu halten. Das macht schon immer ein bisschen stolz. Aber wie durchläuft jetzt die kleine Olive die Mühle?
1. Die Oliven werden von den Blättern getrennt und gewaschen.
2. Durch Zentrifugalkraft werden die Oliven das erste Mal gedrückt, die Kerne werden ausgesiebt.
3. Durch ständige Bewegung der Oliven entsteht über mehrere Etagen eine zähflüssige Olivenmaische.
4. Diese Maische wird anschließend noch einmal zentrifugiert, so dass sich hier dann das Öl schließlich herausdrückt und von den festeren Bestandteilen endgültig löst.
5. Anschließend läuft das Öl kaskadenartig durch mehrere Behälter, so dass die schweren Teile nach unten sinken – und das Öl so seine Filtration durchläuft. Das Unfiltrierte durchläuft diesen Bereich natürlich nicht mehr.
6. Von dort geht es direkt in die Abfüllung, und – et voilà – das Olivenöl ist fertig zum Verzehr.
Jetzt direkt nach Hause und testen. Und ich kann euch sagen, dass ist immer ein absoluter Hochgenuss. Und wie gesagt, irgendwie aufregend. Wenn auch ihr nun Lust auf mein Olivenöl bekommen habt, hier findet ihr noch mal unsere Produkte...